Falter-Radio:
Frankreichs Schicksalswahl: Wer stoppt die Rechten?
Nach dem ersten Durchgang der französischen Parlamentswahlen spricht Raimund Löw mit Martin Staudinger und Danny Leder
2.7.2024
Falter-Radio:
Frankreichs Schicksalswahl: Wer stoppt die Rechten?
Nach dem ersten Durchgang der französischen Parlamentswahlen spricht Raimund Löw mit Martin Staudinger und Danny Leder
2.7.2024
Veranstaltungshinweis:
Vor Schicksalswahl für Frankreich und die EU
Ein Gespräch mit Danny Leder, Moderation: Alexander Emanuely
Mittwoch 26.Juni 2024, Beginn: 19 Uhr, im "Republikanischen Club": Fischerstiege 1-7, 1010 Wien
Noch nie schienen die Nationalpopulisten um Marine Le Pen so knapp vor ihrem Machtantritt. Begünstigt durch das französische Wahlsystem ist es nicht mehr ausgeschlossen, dass ihr „Rassemblement national“ bei den bevorstehenden Parlamentswahlen (30. Juni und 7.Juli) gar die absolute Mandatsmehrheit erringt. Für ihre Alleinherrschaft könnten die 40 Prozent reichen, auf die Frankreichs Rechtaußenparteien zusammengerechnet bei der EU-Wahl gelangt waren. Unter dem Eindruck dieses Rekorderfolgs der Nationalisten hatte Präsident Emmanuel Macron die vorzeitigen Parlamentswahlen überraschend angesetzt. Doch weder die völlig unvorbereitete und demoralisierte Mitterechts-Bewegung des extrem unpopulären Staatschefs noch der neue, etwas holprige Zusammenschluss der Linksparteien scheinen dieser Schlacht gewachsen. Muss Macron nach den Wahlen Le Pens jungen Adlatus, Jordan Bardella, zum Regierungschef des zweitwichtigsten EU-Staats ernennen, würde der Zusammenhalt der Europäische Union in ihrer aktuellen Form schwer auf die Probe gestellt werden und namentlich ihre Unterstützung für die Ukraine voraussichtlich ins Stottern geraten.
Falter Radio:
Blitzwahlen in Frankreich: Macrons riskantes Spiel
Joelle Stolz und Danny Leder diskutieren unter der Leitung von Raimund Löw
20.6.2024
Erscheinungshinweis:
Im Jahrbuch "Das jüdische Echo", Ausgabe 2024
Reportage in Sarcelles, dem "kleinen Jerusalem" der Pariser Banlieue
Sarcelles, die erste Plattenbaustadt an der äußersten Peripherie von Paris, galt als Melting Pot mit einer starken Präsenz jüdischer und muslimischer Familien aus Nordafrika. Aus dem Miteinander ist ein fragwürdiges Nebeneinander geworden.
Interview mit Patrick Haddad - Der Drahtseilakt eines Banlieue-Bürgermeisters
Wie Patrick Haddad, sozialistischer Bürgermeister von Sarcelles, den besorgten Jüdinnen und Juden seiner Stadt wieder Hoffnung einflößen, dem vollständigen Abgleiten der ethno-religiösen Gemeinschaften in Parallel-Gesellschaften entgegen steuern und vor allem die Armut bekämpfen möchte.
Die Satellitenstadt Sarcelles wurde zu Beginn der 1960er Jahre fertiggestellt. Diese „Ville nouvelle“(Neustadt) war die allererste am Reißbrett entworfene Ansammlung von linearen Plattenbausiedlungen an der äußersten Pariser Peripherie und galt daher als Inbegriff der monotonen „Beton-Banlieue“.
Außerdem erwarb sich Sarcelles durch die Ansiedlung von tausenden jüdischen Familien aus dem Maghreb den Ruf eines „kleinen Jerusalems der Pariser Banlieue“. Dank des ursprünglich eher problemlosen und engen Zusammenlebens von Juden und Muslimen, aramäischen Christen aus dem Nahen Osten und Türken, Einwanderern aus den französischen Karibik-Inseln (Antilles) und dem subsaharischen Afrika galt Sarcelles auch als gelungenes Melting-Pot. Aber aus dem Miteinander ist inzwischen ein fragwürdiges Nebeneinander geworden.
Der jüngste Krieg zwischen der Hamas und Israel hat (bis zum Erscheinen des vorliegenden Artikels im April 2024) vor Ort zu keinen nennenswerten Zwischenfällen geführt. Aber die jüdische Bevölkerung ist auf der Hut, namentlich seit Juli 2014, als es während des vormaligen Kriegs zwischen Gaza und Israel, ausgerechnet in Sarcelles zu einem gewalttätigen Aufmarsch von tausenden pro-palästinensischen Demonstranten aus dem gesamten nördlichen Pariser Vororte-Gürtel kam. Ein Teil der Demonstranten versuchte damals die Große Synagoge von Sarcelles zu stürmen. Nachdem sie bei diesem Vorhaben an einem massiven Polizei-Kordon (und einer dahinter befindlichen Gruppe junger Juden) gescheitert war, ergoss sich die wütende Menge auf anliegende Straßen, wo sie Geschäfte, die sie als „jüdisch“ einstufte, verwüstete und darin Feuer legte.
Die einst über die ganze Neustadt verteilte jüdische Bevölkerung lebt inzwischen zum Großteil in einigen wenigen Straßenzügen, wo sich jüdische Gebetshäuser orthodoxer Ausrichtung, konfessionelle Schulen, koschere Gaststätten und Metzgereien konzentrieren, und (wie auf Seiten der Muslime) eine strikte und auffällige religiöse Praxis überwiegt.
Dieses abgeschottete jüdische Refugium in Sarcelles und Umgebung hat wiederum orthodoxe jüdische Familien frisch angezogen, die aus den übrigen, für sie unsicheren Vororten massiv abgewandert sind oder aus dem inneren Paris wegen der Verteuerung des Wohnraums ausziehen mussten.
Weil Sarcelles deswegen als eines der letzten, noch erhaltenen Symbole jüdischer Präsenz im Pariser Großraum firmiert, kamen Frankreichs Innen- und Unterrichtsminister drei Tage nach dem 7.Oktober 2023 zu einem spektakulären Besuch nach Sarcelles, um die Entschlossenheit des französischen Staats bei der Abwehr von Angriffen auf Juden zu unterstreichen.
Empfangen wurden die Minister damals von Patrick Haddad, dem sozialistischen Bürgermeister von Sarcelles. Mit ihm führte ich ein ausführliches Interview. Haddad, der aus einer aus Tunesien eingewanderten jüdischen Familie stammt, will den besorgten Juden seiner Stadt wieder Hoffnung einflößen, dem vollständigen Abgleiten der ethno-religiösen Gemeinschaften in verfeindete Parallelgesellschaften gegensteuern und vor allem die Armut bekämpfen.
Haddad amtiert in demselben Büro, in dem einst auch der (später skandalumwitterte und gestrauchelte) Hoffnungsträger der französischen Linken, Dominique Strauss-Kahn, als Bürgermeister tätig war. Im Vorjahr hat Haddad ein Buch über seine Erfahrungen als Rathauschef in einer Pariser Banlieue veröffentlicht: „Nos racines fraternelles“ (Editions Philippe Rey, Paris).
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"Correspondants" - Débat sur "France Info tv" / Debatte auf "France Info tv"
(Texte en Français plus bas)
Der Besuch des Papstes in Marseille war ein unentwegtes Plädoyer für die Solidarität mit den Migranten im Mittelmeer - meines Erachtens handelte es sich "in gewisser Hinsicht, um die bedeutendste Demonstration in Frankreich gegen den Aufstieg der Rechtsaußenkräfte seit 2002"
Ich habe im Laufe der Sendung (auf dem Video ab 00: 05: 40) die Versammlung in Marseille von ca. 150.000 Menschen rund um den Papst (die Freiluftmesse mit über 70.000 Anwesenden im städtischen Stadium und die Durchfahrt auf einer Hauptavenue, die von etwa eben soviel Jubelnden gesäumt war) als „in gewisser Hinsicht die größte Demonstration in Frankreich gegen den Aufstieg der Rechtsaußenkräfte seit 2002“ bezeichnet (Am 1.Mai 2002 hatten landesweit über eine Million gegen Jean-Marie Le Pen demonstriert, nachdem sich der Rechtsaußen-Tribun knapp zuvor für die Stichwahl um das Präsidentenamt qualifiziert hatte. Diese massiven Demos hatten entscheidend dazu beigetragen, den Elan von Le Pen für die Stichwahl zu brechen)
Diesmal hatte der Papst schon vor seiner Ankunft, dann am Tag seiner Ankunft in Marseille und schließlich am Tag darauf, vor den Menschen im Stadion, immer wieder auf neue und eindringlichst dazu aufgerufen, die Migranten, die im Mittelmeer herumirren und dort oftmals ertrinken, bedingungslos aufzunehmen („Das sind keine Invasoren sondern Schutzbedürftige, die auf unsere Gastfreundschaft Anrecht haben“, „Wir müssen uns gegen die Epidemie der Teilnahmslosigkeit stemmen“ die europäischen Staaten müssen koordiniert und nach Maßgabe ihrer Möglichkeiten diesen Hilfssuchenden eine würdige Bleibe und Integration bieten, ohne Assimilation erzwingen zu wollen. Usw., usf…
Ich stimme zwar mit all diesen päpstlichen Parolen, die ich hier sinngemäß resümiere, nicht kommentar- und ergänzungslos überein. Ich habe ich es aber für nötig befunden, festzuhalten, dass es sich dabei um ein respekteinflößendes Aufbäumen gegen die Rechtsaußenkräfte handelt, die zurzeit in etlichen EU-Staaten (darunter wie ich erwähnte auch in Österreich) in Umfragen in schwindelerregende Höhen bzw. stellenweise auch ans Ruder gelangt sind, und die die übrigen Parteien und die Öffentlichkeit vielfach vor sich her treiben.
Des Weiteren habe ich versucht zu erklären, dass der Papst mit dieser zentralen politischen Linie den linken bzw. linksliberalen Kräfte innerhalb des Katholizismus den Rücken stärkt, zu einem Zeitpunkt da diese Kräfte zwar noch vorhanden sind, aber zusehends schwächeln, an Überalterung leiden und mit einer wieder verstärkt konservativen und ritualisierenden jüngeren katholischen Basis umgehen müssen.
Damit erleben wir vermutlich das Ende der Periode, die mit Vatikan Zwei begonnen hatte, später in Frankreich die linkskatholischen Kräfte (Arbeiterpriester und kath. Arbeiterjugend) gestärkt hatte. Diese spielten beim Generalstreik des Mai 1968 eine entscheidende Rolle und trugen zur Geburt der sogenannten „Deuxième gauche“ („zweite Linke“) an der Schnittstelle zwischen radikal-alternativem Projekten und reformistischen Pragmatismus bei, also eines neuen linken Pols, der schon bald die Moskau-hörige und erstarrte KPF übertreffen sollte. Das mündete auch in die Renaissance der bis dahin darbenden französischen SP, dem Sieg der Linksunion 1981, und der Gründung der CFDT, dem derzeit die größten Gewerkschaftsbund Frankreichs, und etlicher noch immer aktiver zivilgesellschaftlicher Initiativgruppen.
Aber diesen linken bis linksliberalen katholischen Kräften steht ein formalisierender bis dogmatischer Trend zur Re-Konfessionalisierung gegenüber. Die religiös teilweise konservativeren jüngeren Katholiken, haben sich bei Wahlen von den Linksparteien mehrheitlich wegbewegt und den Parteien des Zentrums, der rechten Mitte und auch den Rechtsaußen-Kräften zugeneigt. Der selbe Trend zeichnet übrigens auch bei den sehr dynamischen (Neo-)Protestanten und einem beträchtlichen Teil der strengreligiösen und konfessionell engagierten Juden ab. Diese konservative bis fundamentalistische Rekonfessionalisierung gilt natürlich auch und im Besonderen für die Muslime, bloß dass sie wegen der oftmaligen verallgemeinernden anti-muslimischen Stoßrichtung der Konservativen und Rechten diesen Parteien (einstweilen?) kaum nähern können.
Danny Leder, 24.9.2023
La visite du pape à Marseille axé sur l'obligation d'accueil et de protection des migrants en Méditerrannée - de mon point de vue, "à certains égard la principale manifestation en France contre la montée de l'extrême-droite depuis 2002".
Durant cette émission j’ai eu l’occasion d’expliquer en quoi la teneur de la visite du pape à Marseille, c’est-à-dire son discours maintes fois répété en faveur de l’accueil des migrants, marquait, selon moi, « à certains égards, la principale manifestation en France contre la montée de l’extrême-droite depuis 2002 » (J’affirme cela, sans pour autant m’aligner sur la totalité de son discours en la matière, mais par respect pour cette courageuse tentative du pape de contrer la poussée de l’extrême-droite. Ma prise de parole sur le sujet intervient dans le replay environ à : 00 : 05 : 40)
Mais j’ai également constaté que cette visite coïncidait avec un affaiblissement des forces catholiques de gauche et de centre-gauches. Celles-ci s’étaient amplifiées depuis Vatican Deux, avaient joué un rôle décisif lors du soulèvement de Mai 1968 (à travers les prêtres ouvriers et les « Jeunesses ouvrières chrétiennes », notamment dans l’ouest de la France), jeté les bases de la « Deuxième gauche » (qui allait bientôt supplanter le Parti communiste encrouté et soumis au Kremlin), contribué à la refondation du PS et l’arrivée de l’union de la gauche au pouvoir en 1981, et présidé à la fondation de la CFDT, devenu entre-temps la première confédération syndicale de France. En plus, cette gauche catholique avait impulsé un tissu d’associations humanistes, qui irriguent toujours la société civile françaises.
Néanmoins, ces courants catholiques de gauche et réformateurs sont aujourd’hui constitués en premier lieu par des personnes d’âge mur. Ils se trouvent plutôt en porte à faux vis-à-vis d’une partie importante notamment des nouvelles générations catholiques, plus enclins à un retour à une ritualisation prononcée et un conservatisme confessionnel, et qui tendent sur l’échiquier politique en plus grand nombre qu’avant vers le centre-droit et même l’extrême-droite. Cette re-confessionnalisation conservatrice est aussi valable pour les adeptes des églises néo-protestantes, des courants juifs religieusement plus affirmés qu’avant et, bien entendu, aussi pour une part importante des jeunes générations musulmanes. Mais ces dernieres ne peuvent pas (encore ?) se rapprocher massivement de la droite politique française à cause de son tropisme anti-Islam généralisant.
Danny Leder, 24/9/2023
Falter-Radio:
Gespräch über die anhaltende Massen-Mobilisierung der Gewerkschaften gegen Macrons Pensionsreform. Unter der Leitung von Raimund Löw diskutieren Joelle Stolz und Danny Leder
1.4.2023
Über die spektakuläre Bewegung der französischen Gewerkschaften gegen Macrons Rentenreform wird zwar laufend berichtet, in der obigen Diskussionsrunde wurden aber Faktoren beleuchtet, die möglicherweise ansonsten übergangen werden.
Zu den allgemein weniger beachteten bzw. verstandenen Aspekten, die ich ansprach, gehört u.a.:
· * Dass zwar die Anhebung des Rentenantritts-Alters von 62 auf 64 Jahre, laut Umfragen, von zwei Drittel der Franzosen/zösinnen (und 80 Prozent der noch Erwerbstätigen!) abgelehnt und die Streik-Bewegung im gleichen Ausmaß unterstützt wird, dass aber gleichzeitig ein ebenso großer Prozentsatz der Bevölkerung NICHT daran glaubt, dass die Streiks und Demos zum gewünschten Erfolg, also einem Verzicht von Macron auf diese Maßnahme, führen werden. Und dass (bisher) nur eine überschaubare Minderheit der französischen Arbeitnehmer an den Streiks beteiligt bzw. beteiligen kann. Warum das so ist, erkläre ich auch in dem Gespräch.
· * Dass einer der Hauptgründe für diese außergewöhnlich breite Ablehnung der Anhebung des Pensionsantrittsalters in üblen Arbeitsbedingungen und einem toxischen Arbeitsklima zu suchen ist, denen ein beträchtlicher Teil der Arbeitnehmer in Frankreich ausgesetzt ist (Frankreich ist bei Burn-Outs und Arbeitsunfällen einer der europäischen Spitzenreiter). Bezeichnenderweise sind mir dazu Satzfetzen aus einem Qualtinger/Bronner-Song (verfasst 1957) eingefallen, die auf seltsame Weise wieder hoch aktuell sind und wohl besonders in Frankreich, aber nicht nur: „Bei der Oarbeit sekkiert di der Master und die andern verbogenen Gfraster – Deine Nerven wern langsam verdraht… Und auf d’Nacht, wenn der Mensch wieder frei is, und die scheußliche Arbeit vorbei is…“
· * Das ist eine gute Überleitung zu folgendem: es stimmt auch nicht, dass sich in anderen europäischen Staaten die Arbeitnehmer mit der Anhebung des Pensionsantritts-Alters einfach abgefunden hätten bzw. dass der teilweise Defacto-Abbau sozialer Errungenschaften und die zunehmende Prekarisierung der Arbeitswelt einfach geschluckt worden wären. Es ist nur so, dass sich der „untere“ Teil der Mittelschichten (also finanziell weniger gut situierte Haushalte und Menschen, die in ihrem Beruf kaum eine Erfüllung sehen können), für die erlittene Verschlechterung ihre Lage in unterschiedlicher Weise rächen: etwa in GB durch den Brexit, in den USA durch die Unterstützung für Donald Trump, in Italien durch die Wahl der Rechtsregierung unter Meloni und in Österreich durch das Abdriften zur FPÖ. Womit ich nicht sagen will, dass all diejenigen, deren Lage sich verschlechtert, notgedrungen nach rechts-außen driften. Der Beweis ist der (zumindest einstweilige) Aufschwung der durchwegs anti-rechten französischen Gewerkschaften.
· * Dass es sich, grob gesprochen, in Frankreich um eine Dauerkrise handelt, die vom Gelbwesten-Aufstand 2018/19 (während 52 Wochen, ebenfalls mit Mehrheits-Unterstützung in der Bevölkerung) bis zur jetzigen Bewegung reicht.
· * Und schließlich ist es ein Irrtum anzunehmen, dass Macron „sich verrechnet“ hätte und die jetzige Ablehnungs-Welle seiner Reform „nicht vorausgesehen“ hätte. Vielmehr hat der französische Staatschef diese Kraftprobe in voller Kenntnis der Risken in Kauf genommen und angesteuert. Macron ist davon überzeugt, dass er die französische Bevölkerung (die er mehrfach, sinngemäß, als änderungs-unwillige und widerspenstige Gallier eingestuft hat) quasi bändigen muss, um das Land in der EU und auf dem Weltmarkt wieder in ausreichendem Maß wettbewerbsfähig zu machen. Auf diesem Weg hat Macron auch erste Erfolge verzeichnet, etwa bei der Senkung der chronisch hohen Arbeitslosigkeit und einer gewissen Ankurbelung der Investitionen in der darbenden französischen Industrie. Er hat auch phasenweise substanzielle Finanzhilfen und neue Sozialstützen für die schlechter gestellten Teile der Bevölkerung gestreut. Aber den weiterhin abstiegsgeplagten Bevölkerungskreisen erscheint das als unzureichend, und Macrons gleichzeitige und symbolträchtige steuerpolitische Maßnahmen zu Gunsten von Spitzenverdienern und Unternehmern werden ihm als schweres Unrecht angelastet. Wobei Macrons Rückgriff auf einen Sonderparagrafen zwecks Umschiffung einer normalen Parlamentsabstimmung (bei der seine Rentenreform vermutlich nicht die nötige Mehrheitszustimmung bekommen hätte) die Empörung abermals hochgetrieben hat.
Bei Anwendung des nämlichen Parlaments-Paragraphen gilt das von der Regierung eingebrachte Gesetz als ratifiziert, es sei denn die Opposition bringt einen Misstrauensantrag gegen die Regierung ein, dem eine Abgeordnetenmehrheit dann auch zustimmt – was derzeit unwahrscheinlich ist, weil namentlich die oppositionellen Linksparteien sich zum Glück auf kein gemeinsames Votum mit dem „Rassemblement national“ von Marine Le Pen einlassen. Dieser Paragraph ist in der Vergangenheit von Regierungen aller Schattierungen x-mal angewendet worden. In der jetzigen Debatte um die Pensionsreform erscheint aber dieses Manöver als eine besonders grobe Missachtung des Mehrheitswillens (im Parlament und in der Bevölkerung).
Für Macron handelt es sich allerdings um den einzigen Ausweg, um überhaupt weiter regieren zu können, weil seine Partei und ihre Verbündeten bei den Parlamentswahlen im Juni 2022 keine absolute Mandatsmehrheit mehr erringen konnten. Zwar wurde noch knapp zuvor, im April 2022, Macron als Staatspräsident wieder gewählt, dieser Sieg gelang ihm aber nur, weil er sich bei der Stichwahl mit Marine Le Pen duellierte, und viele linke Wähler nolens volens nochmals für ihn stimmten. Außerdem wurde bei der damaligen Parlamentswahl eine Wahlenthaltung von 54 Prozent verzeichnet, bei den Unter-34-Jährigen kletterte die Wahlabstinenz gar auf 70 Prozent, ähnlich hoch lag die Enthaltung bei den sozial schlechter gestellten Berufskategorien. Die „Assemblee nationale“ ist demnach vor allem das Abbild der älteren und sozial besser gestellten Schichten – ein Megaproblem für den Fortbestand der repräsentativen Demokratie.
Ebenfalls in einem „Falter-Podcast“ nach den französischen Parlamentswahlen im Juni 2022 hatte ich die Vermutung geäußert, Frankreich sei durch dieses Wahlergebnis über kurz oder lang „unregierbar“ geworden. Jetzt ist dieser Zustand vermutlich erreicht.
Danny Leder
Veranstaltungs-Hinweis:
Europa zwischen Aufbruch und Aufruhr - Aufbau und Erhalt von Zivilgesellschaften in Ost und West
Jahrestagung 2022 der Evangelischen Gesellschaft für Ost-West-Begegnung
21. bis 23.Oktober 2022 in Heilbad Heiligenstadt / Eichsfeld, 37308 Deutschland
Zugang zum Tagungs-Programm und zur Tagungs-Anmeldung
Tagungs-Referate:
* Gedanken zu den bürgergesellschaftlichen Verhältnissen in Polen - Hoffnungen und Enttäuschungen eines in der Zweiten Polnischen Republik geborenen Europäers, Dr. Janusz Witt, Wroclaw.
* Frankreich - eine sich von unten aushöhlende Demokratie, Danny Leder, Paris.
* "Die Eule der Minerva" - Thierry Baudet und die neue Generation der Rechtspopulisten in den Niederlanden, Max Dahlmer, Zentrum für Niederlande-Studien der Universität Münster.
* Zivilgesellschaft und deren Widerstand gegen De-Demokratisierung in Rumänien, der Slowakei und Tschechien, Dr. Tobias Spöri, Universität Wien.
* Die Rolle der Kirchen in der Gesellschaft - Bestandsaufnahme und Ausblick nach drei Jahrzehnten in Freiheit, Gergely Pröhle, Landeskurator der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Ungarn.
* Zwischen empörten Protesten und demokratischem Engagement: Wohin entwickelt sich die deutsche Zivilgesellschaft? Daniel Saldivia Gonzatti, Wissenschafts-Zentrum Berlin.
* Die europäische Zukunft entscheidet sich im Osten, Gert Weisskirchen, Wiesloch, Bundestagsabgeordneter von 1976 bis 2009.
* Zwischen Aufbruch und Aufruhr - Hoffnung für Europa? Podiumsdiskussion.
Zum Ergebnis der französischen Parlamentswahlen und seinen Folgen:
Zwischen alten Trug- und neuen Kurz-Schlüssen
Die Wiederwahl von Präsident Emmanuel Macron im April hatte Trugschlüsse bezüglich seines Rückhalts in der Bevölkerung ausgelöst. Die nachfolgenden Parlamentswahlen haben jetzt das Schrumpfen der Anhängerschaft des liberalen Staatschefs offenbart. Aber der gleichzeitig verzeichnete, ansehnliche Vormarsch des neuen Linksbündnisses (die linksalternative Partei des Tribuns Jean-Luc Melenchon, SP, Grüne und KP) könnte zu weiteren Kurzschlüssen verleiten. Wird er doch vom Erfolg von Marine Le Pen überschattet. Ihrer Rechtsaußen- Partei, dem „Rassemblement national“ (RN), gelang es, im Alleingang, in 89 Wahlkreisen erstmals die Hürde des in Frankreich geltenden Majoritätssystems zu überwinden und sich als mandatsstärkste Einzelkraft der Opposition in der neu gewählten französischen Nationalversammlung zu präsentieren. Das Regierungslager um Macron, das seine vormalige absolute Mandatsmehrheit eingebüßt hat, bemüht sich vornehmlich um Absprachen mit Abgeordneten der – geschwächten – bürgerlichen „Republikaner“ und den – spärlichen – sozialistischen Mandataren, die sich nicht der Linksunion angeschlossen haben. Dabei neigen die um Macron gescharten Kräfte (die Sammelpartei „Renaissance“ und zwei selbständige kleine Zentrumsparteien) zu einer Gleichsetzung zwischen der Partei des Linkstribuns Jean-Luc Melenchon (LFI – „La France insoumise“) und dem RN von Le Pen. Was dazu geführt hat, dass zwei Vertreter der RN erstmals ins Parlamentspräsidium gelangten – auch mit Hilfe von Stimmen aus dem Regierungslager um Macron.
3.7.2022
Falter-Radio:
Gespräch über den Ausgang der französischen Parlamentswahlen. Unter der Leitung von Raimund Löw diskutieren Joelle Stolz und Danny Leder
21.6.2022
Rückblick auf einige besondere Aspekte der französischen Präsidentenwahl:
Muslime und Juden, Melenchon und Macron
Der Text behandelt einige spezifische Aspekte der abgelaufenen französischen Präsidentenwahlen. Es handelt sich um Trends bei Wählern, die sich auch über ihr Zugehörigkeitsgefühl jeweils zum Islam oder dem Judentum definieren. Die Erörterung dieser Aspekte soll nicht die vordringlichen, sozialpolitischen und ökologischen Richtungsentscheidungen mindern.
Aber andererseits haben diese erstgenannten Aspekte im Wahlkampf und bei den Wahlergebnissen eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt. Das war auch gar nicht anders möglich, wenn man die diesbezüglichen Ereignisse in Frankreich berücksichtigt: die dschihadistischen Massaker, unter denen Frankreich mehr als jedes andere europäische Land zu leiden hatte. Die an Juden verübten Morde durch Täter, die sich dem radikalen Islamismus verschrieben haben. Die eine Zeit lang tonangebende Kampagne des rechtsradikalen Kandidaten Eric Zemmour, die sich pauschalierend gegen den Islam richtete. Und der abermalige Vormarsch von Marine Le Pen, der von den meisten Muslimen und nicht nur diesen als Bedrohung verstanden wurde.
Gleichzeitig ist zumindest Vorsicht gegenüber Jean-Luc Melenchon angebracht, dem nunmehrigen Hoffnungsträger vieler französischer Linker. Melenchon, der auch von 69 Prozent der muslimischen Wähler im ersten Durchgang unterstützt wurde, fand kein Wort zur Gefahr des radikalen Islamismus, verlor sich in verschwörungstheoretischen Interpretationen der dschihadistischen Attentate und leistete sich einen anti-jüdischen Ausfall.
"Hagalil", 1.5.2022
Club de la Presse internationale sur "France Info TV":
Débat sur la campagne électorale, une semaine avant le deuxième tour des présidentielles en France
Sous la direction de Martin Baumer et avec Anna Navarro Pedro (Portugal), Joav Toker (Israel) et Danny Leder
« Si Marine Le Pen passe, l’Union européenne trépasse »
Les principaux sujets proposés lors du débat du Club de la presse internationale sur « France-Info-TV », le dimanche 17 Avril, étaient : la chasse des deux finalistes de la présidentielle aux voix de gauche. Et est-ce que le front républicain face à l’extrême-droite existe-il toujours ?
Mais pour ma part, j’estimais que l’essentiel ne se situait plus au niveau de ces interrogations redondantes. Une semaine avant le deuxième tour des présidentielles françaises il fallait parer au plus urgent, et c’est ce que j’ai essayé de faire lors de mes prises de parole.
J’ai me suis donc focalisé sur la survie de l’Union européenne qui serait bien évidemment remise en question par une victoire de Marine Le Pen. Et qu’il fallait que les électeurs décident en leur âme et conscience face aux défis de ce deuxième tour - indépendamment de ce qu’elles ou ils avaient pu ressentir, espérer ou voter antérieurement.
Si Marine Le Pen n’affirme plus textuellement vouloir sortir de l’Union européenne ou de l’Euro, les mesures qu’elle promeut engendreront inévitablement une rupture avec l’UE, ou du moins avec l’Union politique et économique en sa version actuelle, cadrée par la convention des droits de l’homme et la cour de justice européenne. Vu le poids décisif de la France, qui a encore augmenté suite au Bréxit, l’UE dans sa mouture actuelle ne pourra pas survivre à une arrivée au pouvoir de l’extrême-droite à Paris.
Ainsi le souhait de Marine Le Pen de réduire la contribution de la France au budget européen de manière unilatérale rendra caduc les autres accords qui ont permis d’ériger l’union monétaire. Une union qui s’est pourtant avérée vitale lors des crises financières antérieures et qui a permis à la France de pouvoir emprunter sur les marchés financiers à un taux extrêmement favorable. D’ailleurs, si on suivait les recettes souverainistes de Marine Le Pen, qu’en serait-il de l’emprunt européen record qui a permis à tant d’entreprises françaises et d’habitants de ce pays de faire face à la crise sans précèdent provoquée par l’épidémie du Covid ?
Et puis, Marine Le Pen veut sortir du pacte qui mutualise l’approvisionnement en énergie entre les états membres de l’UE. C’est le tout-nucléaire propre à la France (en faveur duquel Marine Le Pen veut d’ailleurs démanteler même les éoliennes existantes !) qui rendrait le pays autosuffisant en la matière et baisserai le prix de l’électricité, selon ses dires. Mais en dehors d’un risque d’accident cataclysmique qu’implique cette monoculture nucléaire, on peut constater qu’actuellement déjà 20 pourcents du parc nucléaire français sont à l’arrêt à cause de défaillances, de corrosion prématurée et de mesures de révision – et ce n’est qu’un début si l’on tient compte de l’âge avancée de nombreuses centrales. Que ferait la France si elle ne pouvait pas s’approvisionner en énergie auprès de ses voisins justement dans le cadre du pacte européen pour compenser l’arrêt de ses centrales. On irait droit au Black-Out. C’est bien pour éviter cela qu’il faut rester au sein du système mutuel de fourniture d’énergie européen y compris en supportant son soi-disant surcout.
Mais il y a plus grave, beaucoup plus grave…
J’ai évoqué l’Autriche pour rappeler qu’un parti d’extrême droite, le FPÖ, allié au sein du parlement européen de Marine Le Pen, avait déjà gouverné en Autriche – mais au sein d’une coalition dans laquelle à chaque fois le FPÖ s’était retrouvé (en)cadré par un partenaire plus puissant. Et à chaque fois, la participation gouvernementale des amis autrichiens de Marine Le Pen s’était soldée par des scandales de corruption et autres abus qui avaient été mis en lumière par les médias et la justice.
Mais en France, si Marine Le Pen accèderait à la présidence, on assisterait à la rencontre entre un système qui confère déjà énormément (trop ?) de pouvoir au chef de l’état, en tout cas plus que dans n’importe quel autre pays démocratique, et une femme politique issue de la tradition national-autoritaire et qui, à de multiples reprises, a désigné ses modèles politiques.
Par exemple, lors d’une interview qu’elle m’avait accordé en Mai 2014, donc après l’annexion de la Crimée par la Russie, elle avait déclaré : « Poutine défend les valeurs de la civilisation européenne ». Et elle ne s’était pas gênée de faire la cour à Viktor Orban, le premier ministre hongrois qui a muselé quasiment tous les médias de son pays, et qui mis au pas les autres contre-pouvoirs ce qui a permis à son entourage de détourner impunément une partie importante des subsides européens.
C’est donc bien une course à l’abime autoritaire que risque la France, si jamais Marine Le Pen parviendrait au pouvoir dimanche prochain. J’ai résumé ce risque en utilisant la formule : « Si Marine Le Pen passe, l’Union européenne trépasse ».
17/4/2022
Die Gefahr in Frankreich ist noch nicht gebannt
Emmanuel Macron kann in der Stichwahl gegen Marine Le Pen nur gewinnen, wenn sich genügend Linkswähler für ihn entscheiden - und das ist ungewiss.
Falter-Online, 12.4.2022
Für Macron könnte es knapp werden
Sein Staatschef-Bonus angesichts des Kriegs in der Ukraine ist teilweise verblasst. Die Auftragsvergabe für die Covid-Krisenbekämpfung an eine US-Consulting-Firma, die eine Milliarde Euro einstreifte und den Fiskus hinterging, wird ihm angekreidet. Die geplante Anhebung des Antrittsalters für eine Vollpension schreckt ab. Der Fall Jeremy Cohen, einem jungen, behinderten Juden, der in einer Vorstadt in den Tod gehetzt wurde, und den die Polizei anfänglich nicht aufklären wollte, verstärkt bei einem Teil der Bevölkerung die Vorstellung, wonach die Staatsführung den Sicherheitsproblemen nicht genug Rechnung tragen würde.
8.4.2022
Warum Marine Le Pen den amtierenden Staatspräsidenten Emmanuel Macron besiegen könnte
Falter-Online, 8.4.2022
Der grauenhafte Tod von Jeremy Cohen könnte Frankreichs Präsidentenwahl mitentscheiden
Ein junger, leicht behinderter Jude wird von 15 Männern in einem Pariser Vorort schwerstens misshandelt, flüchtet und wird von einer Straßenbahn überfahren. Sein Tod könnte den ersten Durchgang der französischen Präsidentenwahlen am kommenden Sonntag mitentscheiden. In Umfragen rückt Marine Le Pen dem Amtsinhaber Emmanuel Macron immer näher.
"Hagalil", 5.4.2022
Club de la Presse internationale sur "France Info TV":
Débat sur la campagne électorale, une semaine avant le premier tour des présidentielles en France
Sous la direction de Martin Baumer et avec Sarah Canals (Radio espagnole Cadena SER), Alain Rebelez (Tribune de Genève) et Danny Leder
Durant ce débat je me suis notamment employé à mettre en garde contre l’ascension de Marine Le Pen. Je suis revenu sur mes interviews avec elle du temps où j’étais correspondant du quotidien autrichien « Kurier ». Elle avait alors affirmé (je cite) : « Je veux effondrer l’Union européenne ». Ensuite, elle avait m’avait expliqué « Poutine défend les valeurs de la civilisation européenne ». Bien qu’elle ait mis entre temps ce discours en sourdine, elle persiste à prendre exemple sur l’hypernationaliste Viktor Orban qui a muselé les médias en Hongrie et permis à ses amis d’accéder à des positions de monopoles économiques et de détourner les subventions européennes. Marine Le Pen s’était encore récemment livrée à une compétition sordide avec Eric Zemmour pour être adoubé par Orban.
Surtout, un succès de Marine Le Pen lors des présidentielles françaises serait un signal désastreux pour les défenseurs de l’Ukraine démocratique, au moment ou ceux-ci comptent sur l’unité de l’Europe et des démocraties en général face à l’impérialisme de Poutine.
La discussion a également porté sur Jean-Luc Mélenchon, en troisième position dans les sondages après Emmanuel Macron et Marine Le Pen. J’ai expliqué que ses efforts pour rattraper et devancer Marine Le Pen pâtissaient aussi de son manque de fermeté face à la montée de l’islamisme radical dans un pays durement frappé par des massacres et attentats djihadistes (des attentats qui ont largement contribué à faire monter l’extrême-droite). Ainsi Mélenchon avait refusé de participer aux rassemblements qui avaient suivis le meurtre de deux soldats français (et musulmans) et de trois enfants et un enseignant dans une école juive à Toulouse perpétrés par Mohammed Merah. Par contre, Mélenchon qui avait participé à une manifestation contre l’Islamophobie, n’avait rien trouvé à redire quand la foule avait crié « Allahu Akbar », slogan pourtant utilisé comme crie de guerre par les assassins djihadistes.
Mélenchon avait également durant la crise du Covid allégué de l’insuffisance des vaccins ARN-Messagers et communié de facto avec l’extrême-droite et les anti-vax dans leur rejet du Pass sanitaire et du Pass vaccinal. Il s’agissait bien d’une tentative délétère d’accrocher ses wagons aux mouvements obscurantistes qui avaient déferlés sur la France métropolitaine et les Antilles.
3/4/2022
Video-Aufzeichnung des Vortrags im Wiener Republikanischen Club:
Frankreich im freien Fall nach rechts?
Vortrag: Danny Leder
Einleitung und Moderation: Sibylle Summer
Drei Wochen vor dem ersten Durchgang der französischen Präsidentenwahlen sind die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine auf die französische Wahlkampagne klarerweise spürbar. Präsident Emmanuel Macron konnte seinen Vorsprung für den ersten Wahlgang ausbauen (laut Umfragen verzeichnete er einen Anstieg von rund 25 auf 30 Prozent) und seine Siegesaussichten für die anschließende Stichwahl (voraussichtlich neuerlich ein Duell mit Marine Le Pen) weiter vergrößern. Die beiden, miteinander rivalisierenden Führungspersönlichkeiten des Rechtsaußenlagers, die etablierte Nationalpopulistin Marine Le Pen und der rechtsradikale Quereinsteiger Eric Zemmour, die noch bis vor kurzem Putin als Vorbild gehandelt hatten, mussten blitzartig umsatteln. Aber die strukturellen Gründe, die es diesen Kräften erlaubt hatten, den Wahlkampf weitgehend zu beherrschen und in den Umfragen – zusammengerechnet – auf über 30 Prozent zu gelangen (und jetzt auf dieser Höhe zu verbleiben), sind weiter wirksam. In Folge der ökonomischen Rückwirkungen des Kriegs in der Ukraine könnten diese Faktoren in der politischen Auseinandersetzung in Frankreich sogar wieder verstärkt zum Tragen kommen. Mein Referat ist daher diesen strukturellen Faktoren gewidmet, die in Frankreich schon seit drei Jahrzehnten am Werk sind und zu einer neuen sozial- und regionalpolitischen Lagerbildung geführt haben. In diesem Zusammenhang erörtere ich auch die Zersplitterung der französischen Linken und die zuletzt verzeichnete Aufholjagd des (auch in der Linken) umstrittenen Tribuns Jean-Luc Melenchon.
You-Tube-Kanal des Republikanischen Clubs, 17.3.2022
Club des correspondants étrangers sur "France Info TV":
Sous la direction de Martin Baumer et avec Ulrike Koltermann, Paolo Lévi et Danny Leder
Concernant le Pass sanitaire, nous avons entre autre évoqué les scènes affligeantes à l'assemblée nationale où des députés des "Républicains", du "Rassemblement national" de Marine Le Pen et de la "France insoumise" de Jean-Luc Mélenchon, donc des opposants de droite, d'extrême-droite et de gauche réunis pour l'occasion, ont laissé éclater leur joie après avoir réussi à entraver ensemble (!) l'adoption de cette mesure nécessaire dans la lutte contre la pandémie.
Mes prises de positions: lourde responsabilité de certaines forces de gauche qui se sont laissées entrainés partiellement par les obscurantistes antivax et d'extrême-droite / Des pans entiers des milieux populaires et des jeunes se trompent de combat / Le cruel manque d'une gauche éclairé près à affronter les antivax et implantée dans les milieux populaires / Ne pas laisser la protection vaccinale qu'aux couches aisées / Ouvrir aussi églises, mosquées et synagogues dans les quartiers à la vaccination.
Pour ma part, j’ai déploré qu’on a notamment laissé des pans importants des milieux populaires, des immigrés et de leurs enfants, tellement exposés de par leur travail et leur habitat à l’épidémie, s’enfoncer dans la méconnaissance du danger, l’indifférence et la méfiance vis-à-vis de la protection vaccinale, quand, en même temps, les couches plus aisées et plus instruites ont eu massivement recours à la vaccination. J’ai pointé la lourde responsabilité de certaines forces de gauche et syndicales et de certains de leurs militants et supporters qui se sont, du moins partiellement, laissés entrainer par le mouvement antivax. Ce qui nous fait cruellement défaut, c’est des relais militants et une gauche éclairée implantée dans les couches populaires et parmi les jeunes qui pourraient promouvoir efficacement la vaccination et affronter les mouvements obscurantistes. Une gauche éclairée aurait dû leur dire : « Mais vous vous trompez de combat en vous opposant à la vaccination. Au contraire, il faut tout faire pour ne pas laisser la vaccination principalement aux classes plus aisées. » J’ai également fait référence à l’exemple aux mesures mises en œuvre par la municipalité de centre-gauche à Vienne, où la vaccination s’est également déroulé dans des Églises, Mosquées, Synagogues et autres lieux de rencontres au sein des quartiers.
9/1/2022
Der Irrlauf des "jüdischen Antisemiten" Eric Zemmour
Monatelang drehte sich Frankreichs Politdebatte fast nur um Eric Zemmour. Der Quereinsteiger des Präsidentschafts-Wahlkampfs übertraf bei Umfragen Marine Le Pen, politisch überholte er sie weit rechts. Obwohl er, aus Familien-Tradition, eine Synagoge besucht, nannte ihn Frankreichs Oberrabbiner Haim Korsia einen "Rassisten" und "Antisemiten". Diesbezüglich dürfte er den Bogen überspannt haben, sein Stern könnte gerade jetzt, da er seine Kandidatur für die Präsidenten-Wahlen (im April 2022) offiziell verkündet hat, wieder verglimmen.
Der Umstand, dass Zemmour aus einer jüdischen Familie stammt, die aus Algerien eingewandert ist, und dass er eine, wenn auch diskrete, konfessionelle Tradition pflegt, spielt eine gewisse Rolle, auch wenn diese nur selten offen angesprochen wird. Für die ultranationalistischen und ultrakatholischen Kreise, die ihn vornehmlich unterstützen, ist es ein Vorteil, sich auf einen "Juden" berufen zu können. Zemmour hat sich in unverschämter Weise bemüht, die aus diesen Gefilden stammende, einst breitenwirksame anti-jüdische Ideologie gewissermaßen zu rehabilitieren. Für Zemmmour ist der Chef des französischen Kollaborationsregimes während der deutschen Besatzung, Philippe Pétain, ein "Beschützer der Juden" gewesen, hingegen "zweifelt" er an der Unschuld des jüdischen Artilerie-Hauptmanns Alfred Dreyfus, der auf Grund einer Verschwörung antisemitischer Offiziere des französischen Generalstabs 1894, erwiesenermaßen zu Unrecht, unter dem Vorwurf der Spionage für Deutschland degradiert und verbannt wurde.
Aber Zemmours monomanischer Kampfdiskurs gegen den Islam und die Muslime im Allgemeinen stößt auf Seiten seiner demokratischen Gegner auf eine gewisse Unbeholfenheit, nachdem Frankreich die schwersten und häufigsten Dschihadisten-Angriffe in Europa erlitten hat, und etliche jüdische Familien aus ihren Wohngegenden in Vorstädten wegen chronischer Anfeindungen und gelegentlicher Übergriffe durch islamistisch geprägte Jugendliche ausziehen mussten.
Die einzelnen Textabschnitte:
* "Verweiblichte Eliten"
* Eine "grande culture"
* Idol der ultrakonservativen Katholiken
* Jean-Marie Le Pen: "Eric darf das sagen, weil er Jude ist"
* War Alfred Dreyfus doch ein Verräter?
* Waren jüdische Schulkinder, die von einem Dschihadisten erschossen wurden, "keine Franzosen"?
* "Schützte" der Hitler-Adlatus in Frankreich, Philippe Pétain, die Juden?
* Der rettende Hirtenbrief der französischen Bischöfe
* Beate und Serge Klarsfeld als Feindbilder
* Der wunde Punkt von Zemmours Gegnern
* Statt "Heil Hitler" wird "Allahu Akbar" gerufen
* Die Juden Algeriens - "Eingeborene" und Franzosen
* Tollkühner Widerstandsakt in Algier 1942
* Das Pogrom von Constantine 1934
* Jüdische Berber, arabische Juden, sefardische Franzosen
* "Napoleon ist unser Vater, Ludwig der Vierzehnte unser Großvater"
* Überwiegende, aber ziemlich belanglose familiäre Ursprünge in Nordafrika
* Leiernde Ansprachen und kein Charisma
"Hagalil", 29.11.2021
In eigener Sache...
Liebe Leser/innen,
Einige unter Ihnen werden es schon bemerkt haben: In den letzten Monaten wurden meine Artikel zum tagespolitischen Geschehen in Frankreich, die ich hier seit Jahren regelmäßig veröffentliche, immer seltener. Bei diesen Beiträgen handelte es sich meistens um ausführlichere Versionen von Texten, die ich für die österreichische Tageszeitung "Kurier" verfasste. Ich habe im vergangenen Oktober diese Funktion als permanenter Frankreich-Korrespondent des "Kurier" zurückgelegt.
Damit schließt sich ein langes Kapitel meiner journalistischen Laufbahn, das vor 39 Jahren, mit meiner Übersiedlung von Wien nach Paris, begonnen hatte. Parallel zu meiner Mitarbeit beim "Kurier" startete 1981 auch meine Tätigkeit als ständiger Korrespondent für das österreichische Magazin "Profil", von dem ich mich 1998 trennte.
Im Zuge meiner Arbeit in Paris veröffentlichte ich auch Reportagen und Essays in weiteren Medien des deutschen Sprachraums: darunter im Feuilleton der "Süddeutschen Zeitung", in der TAZ, im Münchner "Merkur", in der Schweizer „Weltwoche“, im Wiener Magazin „Falter“, in der Zeitschrift „Zwischenwelt“ und in diversen jüdischen Publikationen.
Auch in französischen Printmedien erschienen von mir verfasste Beiträge, meistens zu Ereignissen in Österreich: unter anderem in den Tageszeitungen „Le Monde“, „Libération“, „La Croix“ und der Zeitschrift „Esprit“. Ich war des Öfteren zu Gast bei den TV-Sendern LCI, i-TELE, BFM, France 5, und bei Sendungen der Radio-Stationen France-Info, France-Culture und Radio-France-International.
Ich bleibe in Paris. Ich werde meine publizistische Tätigkeit und daher auch dieses Webportal mit seinen bisherigen Schwerpunktthemen weiterführen, aber vorerst nicht in dem gewohnten Rhythmus, da ich derzeit an anderen Projekten prioritär arbeite.
Mit herzlichem Dank an alle meine regelmäßigen und gelegentlichen Leser/innen,
Danny Leder, Paris, Dezember 2020.
In der Sendereihe "Im Falter" auf W24 und dem Youtube-Kanal des "Falter"
TV-Debatte: "Nach der Ermordung des Lehrers Samuel Paty"
Unter Leitung von Raimund Löw diskutieren Tarafa Baghajati (Obmann der Initiative Muslimischer ÖsterreicherInnen), Daniela Pisoiu (Österreichisches Instititut für internationale Politik), Fabian Reicher (Beratungsstelle Extremismus) und Danny Leder.
Auch als Falter-Podcast in Audioversion abrufbar
28.10.2020
Falter-Radio:
Raimund Löw im Gespräch mit Danny Leder
In Paris hat der Prozess gegen mutmaßliche Komplizen und Handlanger der Dschihadisten begonnen, die 2015 die Gemetzel in der Redaktion von "Charlie-Hebdo" und im jüdischen Supermarkt "Hypercacher" verübten. In Sachen Solidarität mit "Charlie" und in der Frage des Umgangs mit dem Islamismus ist die französische Zivilgesellschaft und namentlich die Linke tief gespalten. Die einstweilen unüberbrückbare ideologische Frontlinie verlauft zwischen einer betont säkularen Strömung, die gelegentlich als "Charlie-Linke" bezeichnet wird, und die den politischen Islam als eine der Hauptgefahren für die Demokratie und die Menschenrechte wahrnimmt, auf der einen Seite, und linken Kräften, die die Muslime primär als geächtete Opferkategorie betrachten und "Charlie-Hebdo" mit dem Bannfluch der "Islamophobie" belegt haben, auf der anderen Seite / Präsident Emmanuel Macron ist unterdessen bemüht, dem neo-osmanischen Expansionskurs des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan im sunnitischen Raum, vom Nahen Osten bis Afrika, zu kontern.
12.9.2020
Während die mutmaßlichen Komplizen der Anschläge von 2015 auf das Satire-Magazin „Charlie-Hebdo“ und einen jüdischen Supermarkt vor Gericht stehen, hält die Polemik um das Ausmaß der islamistischen Bedrohung und die Methoden zu ihrer Abwehr an. Die Debatte dreht sich namentlich um die Ausbreitung islamistischer Biotope in ärmeren Vierteln, die den dschihadistischen Mördern als Umfeld dienten. Präsident Macron spricht neuerdings von „islamistischem Separatismus“. Die Überlebenden der Redaktion von „Charlie-Hebdo“ und ein Teil der französischen Sozialwissenschaftler warnen vor einer anwachsenden und unterschätzten „islamistischen Welle“. Ein anderer Teil der Soziologen und etliche Akteure in den Vororten wollen in dieser Debatte nur „Islamophobie“ sehen.
Gérald Darmanin wurde in der Vergangenheit mit Bittstellerinnen intim. Wegen einer Klage auf sexuelle Nötigung ist eine Erhebung gegen ihn im Gang. Aber Macron vertraut Darmanin nach einem Gespräch "von Mann zu Mann".
Kurier-Online, 20.7.2020
Macron punktet bei hitzigem Wortgefecht mit "Gelbwesten"
Der Staatsschef stellte sich bei einem Spaziergang in einem Pariser Park einer aggressiven Demonstranten-Gruppe. Einer der "Gelbwesten"-Aktivisten, der den Verbal-Clash filmte, zollte dem Präsidenten zum Schluss Lob für seine unaufgeregte Gesprächsbereitschaft. Der Video-Streifen machte im Web Furore.
Kurier, 15.-16.7.2020
Macrons letztes Aufgebot hat eine besonders explizite bürgerliche Schlagseite
Die neue Regierung soll Macrons Endspurt bis zu den Präsidentenwahlen 2022 begleiten. Der liberale Staatschef stützt sich vor allem auf Gefährten des konservativen Hardliners Nicolas Sarkozy. Der neue Innenminister Gerald Darmanin hat obendrein eine Justizerhebung wegen des Verdachts der sexuelle Nötigung am Hals. Der neue Justizminister Eric Dupond-Moretti ist ein Gegner des Sonderausschuss der Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung der Finanzkriminalität.
Kurier, 7.-8.7.2022
Präsident Macron kippte den, aus seiner Sicht vermutlich zu populären Regierungschef Edouard Philippe, der aus dem bürgerlichen Lager stammte. Sein Nachfolger, Jean Castex, kommt aus dem selben Eck, ist aber in der Öffentlichkeit kaum bekannt.
Kurier, 3.-4.7.2020
Grüne Markenzeichen Diskretion und Gründlichkeit
Bei den landesweiten Kommunalwahlen gelangte in fast allen Großstädten und mehreren mittleren Städten Frankreichs eine neue Generation von Grünen ans Ruder, die sich durch persönliche Zurücknahme und unaufgeregte Zielstrebigkeit von den üblichen Polit-Leithammeln abhoben.
Kurier, 29.-30.6.2020
Interview im Kurier-Podcast:
Möglicher Durchbruch der Grünen und grün-geführter Bündnisse in Frankreichs Großstädten
Elias Natmessnig befragt Danny Leder
26.6.2020
Grüne Bürgermeisterkandidaten/innen als Favoriten/innen in fast allen Großstädten Frankreichs
Im zweiten Durchgang der landesweiten Gemeindewahlen, diesen Sonntag, könnten in fast allen größeren Städten Frankreichs, darunter Lyon, Bordeaux, Marseille, Toulouse, Lille oder Straßburg, Grüne ans Ruder gelangen – immerzu im Bündnis mit Linksparteien. Die französischen Grünen waren schon bisher meistens Teil solcher linken Bündnisse, jetzt haben sie aber vielfach, durch ihr gutes Abschneiden im ersten Wahlgang, die Führung dieser Allianzen übernommen. Die Partei von Präsident Macron hat sich in mehreren Städten mit den konservativen „Republikanern“ verbündet, um den Sieg dieser grün-roten Bündnisse zu verhindern.
Kurier, 25.-26.6.2020
Siehe dazu auch:
Eine linksökologische Abspaltung bringt Macrons Partei um ihre absolute Mehrheit im Parlament. Die Regierung bewahrt aber durch ihr Bündnis mit zwei weiteren Zentrumsparteien ihre Handlungsfähigkeit. In allen Umfragen äußern rund zwei Drittel der Franzosen ihr Misstrauen gegenüber der Staatsführung bezüglich der Bewältigung der Epidemie – während andere EU-Staatsmänner, darunter so irrlichternde Persönlichkeiten wie etwa Boris Johnson, ungetrübt hohe Zustimmungswerte erzielen.
Kurier, 19.-20.5.2020
Tag Eins nach Aufhebung der Ausgangssperre
Kurier, 11.-12.5.2020
Vor Beendigung der landesweiten Ausgangssperre in Frankreich am 11.Mai:
Kurier, 7.5.2020
Frankreichs bekanntester Infektionsforscher, Didier Raoult, der in Marseille ein angesehenes Institut leitet, will die „wirksamste Therapie“ gegen das Corona-Virus gefunden haben. Zwei medizinische Kapazunder, die Präsidenten der USA und Brasiliens, Trump und Bolsonaro, zeigten sich von Raoults Arznei angetan. In Frankreich glauben seine zahlreichen Anhänger, dass sich die „Pariser Eliten“ gegen Raoult verschworen hätten. Um die Wogen zu glätten, machte Präsident Macron dem umtriebigen Professor in Marseille seine Aufwartung, signalisierte aber mit einer skurrilen Geste die gebotene Vorsicht gegenüber Raoult.
Kurier, 17.4.2020
TV-Ansprache zur Corona-Krise:
Macron übte Selbstkritik und signalisierte soziale Wende
Die von Macron für 11.Mai angekündigte Beendigung der landesweiten Ausgangsperre bleibt ungewiss. In den vorwiegend vom Virus betroffenen Regionen zeichnet sich eine erste Entspannung ab, etliche Spitäler stehen aber noch immer am Limit / Macron dankte Luxemburg, der Schweiz, Deutschland und Österreich für die Übernahme von Patienten.
Kurier-Online, 14.4.2020
Präsident Macron, der Montag-Abend eine TV-Ansprache halten wird, könnte die bereits vier wöchige, weitgehende Quarantäne der französischen Bevölkerung um ein Monat verlängern. Die bisherige Ausgangssperre hat zwar den Anstieg der Corona-Kranken in den Spitälern vorerst gestoppt (wenn auch auf hohem Niveau) und damit das Gesundheitssystem der regionalen Brandherde gerade noch vor dem Absturz bewahrt. Aber die meisten der zuständigen Ärzte warnen, eine baldige Lockerung der Quarantäne würde das unterdotierte Spitalswesen endgültig überfordern.
Kurier-Online, 12.4.2020
FALTER-Radio:
Raimund Löw im Gespräch mit Tessa Szyszkowitz und Danny Leder über die Pandemie in Großbritannien und Frankreich und die spektakulären politischen Volten zum Combeback des Staates in der Wirtschaft.
11.4.2020
Gefährliche Jobs, prekäre Arbeitsbedingungen, Wohndichte und medizinische Unterversorgung fordern in ärmeren Vororten einen hohen Opfer-Zoll / Renitente Jugendcliquen erschweren stellenweise den Kampf gegen die Epidemie und provozieren gefährliche Zwischenfälle mit der Polizei / Bürgermeister, Jugendbetreuer und muslimische Verbände halten dagegen.
Kurier, 7.4.2020
Corona-Virus: Spitäler im Großraum Paris am Limit
Nach dem Elsass, wo ein evangelikales Mega-Treffen im Februar den ersten großen Infektionsherd schuf, kämpfen die Spitäler des Pariser Großraums mit einem Rekord-Ansturm von Corona-Patienten. Intensivbetten mit Beatmungsgeräten und qualifiziertes Personal werden knapp. Selbst infizierte Ärzte kommen noch zum Einsatz. Betäubungsmittel gehen aus. Für Altenpfleger, Müllarbeiter, Supermarkt-Bedienstete, Reinigungskräfte und Polizisten (die die Einhaltung der Ausgangseinschränkungen überwachen sollen) gibt es nicht genug Schutzmasken. Dabei hatte Frankreich ursprünglich einen staatlichen Lagerbestand von Milliarden Masken, der aber in den letzten Jahren radikal heruntergefahren wurde.
Kurier, 2.-3.4.20202
Unter dem Druck der vielfach überforderten Spitals-Bediensteten und Ärzte versucht die Regierung, die Lücken bei der Durchsetzung der landesweiten Ausganssperre zu schließen. Die Behörden verbieten Freiluftmärkte und schränken Ausgangsmotive weiter ein. In einigen Sozialbau-Siedlungen kam es zu Angriffen von Gruppen von Jugendlichen auf kontrollierende Polizisten. Aber die allermeisten Bewohner der Wohnblöcke der städtischen Peripherie halten sich an die Quarantäne, obwohl sie oft auf vergleichsweise engem Raum und in großem Familienverband zusammenleben müssen.
Kurier, 24.-25.3.2020