"Correspondants" - Débat sur "France Info tv" / Debatte auf "France Info tv"

(Texte en Français plus bas)

 

Der Besuch des Papstes in Marseille war ein unentwegtes Plädoyer für die Solidarität mit den Migranten im Mittelmeer - meines Erachtens handelte es sich "in gewisser Hinsicht, um die bedeutendste Demonstration in Frankreich gegen den Aufstieg der Rechtsaußenkräfte seit 2002"


Ich habe im Laufe der Sendung (auf dem Video ab 00: 05: 40) die Versammlung in Marseille von ca. 150.000 Menschen rund um den Papst (die Freiluftmesse mit über 70.000 Anwesenden im städtischen Stadium und die Durchfahrt auf einer Hauptavenue, die von etwa eben soviel Jubelnden gesäumt war) als „in gewisser Hinsicht die größte Demonstration in Frankreich gegen den Aufstieg der Rechtsaußenkräfte seit 2002“  bezeichnet (Am 1.Mai 2002 hatten landesweit über eine Million gegen Jean-Marie Le Pen demonstriert, nachdem sich der Rechtsaußen-Tribun knapp zuvor für die Stichwahl um das Präsidentenamt qualifiziert hatte. Diese massiven Demos hatten entscheidend dazu beigetragen, den Elan von Le Pen für die Stichwahl zu brechen)  

 

Diesmal hatte der Papst schon vor seiner Ankunft, dann am Tag seiner Ankunft in Marseille und schließlich am Tag darauf, vor den Menschen im Stadion, immer wieder auf neue und eindringlichst dazu aufgerufen, die Migranten, die im Mittelmeer herumirren und dort oftmals ertrinken, bedingungslos aufzunehmen („Das sind keine Invasoren sondern Schutzbedürftige, die auf unsere Gastfreundschaft Anrecht haben“, „Wir müssen uns gegen die Epidemie der Teilnahmslosigkeit stemmen“ die europäischen Staaten müssen koordiniert und nach Maßgabe ihrer Möglichkeiten diesen Hilfssuchenden eine würdige  Bleibe und Integration bieten, ohne Assimilation erzwingen zu wollen. Usw., usf…

 

Ich stimme zwar mit all diesen päpstlichen Parolen, die ich hier sinngemäß resümiere, nicht kommentar- und ergänzungslos überein. Ich habe ich es aber für nötig befunden, festzuhalten, dass es sich dabei um ein respekteinflößendes Aufbäumen gegen die Rechtsaußenkräfte handelt, die zurzeit in etlichen EU-Staaten (darunter wie ich erwähnte auch in Österreich) in Umfragen in schwindelerregende Höhen bzw. stellenweise auch ans Ruder gelangt sind, und die die übrigen Parteien und die Öffentlichkeit vielfach vor sich her treiben.

 

Des Weiteren habe ich versucht zu erklären, dass der Papst mit dieser zentralen politischen Linie den linken bzw. linksliberalen Kräfte innerhalb des Katholizismus den Rücken stärkt, zu einem Zeitpunkt da diese Kräfte zwar noch vorhanden sind, aber zusehends schwächeln, an Überalterung leiden und mit einer wieder verstärkt konservativen und ritualisierenden jüngeren katholischen Basis umgehen müssen.

 

Damit erleben wir vermutlich das Ende der Periode, die mit Vatikan Zwei begonnen hatte, später in Frankreich die linkskatholischen Kräfte (Arbeiterpriester und kath. Arbeiterjugend) gestärkt hatte. Diese spielten beim Generalstreik des Mai 1968 eine entscheidende Rolle und trugen zur Geburt der sogenannten „Deuxième gauche“ („zweite Linke“) an der Schnittstelle zwischen radikal-alternativem Projekten und reformistischen Pragmatismus bei, also eines neuen linken Pols, der schon bald die Moskau-hörige und erstarrte KPF übertreffen sollte. Das mündete auch in die Renaissance der bis dahin darbenden französischen SP, dem Sieg der Linksunion 1981, und der Gründung der CFDT, dem derzeit die größten Gewerkschaftsbund Frankreichs, und etlicher noch immer aktiver zivilgesellschaftlicher Initiativgruppen.

 

Aber diesen linken bis linksliberalen katholischen Kräften steht ein formalisierender bis dogmatischer Trend zur Re-Konfessionalisierung gegenüber. Die religiös teilweise konservativeren jüngeren Katholiken, haben sich bei Wahlen von den Linksparteien mehrheitlich wegbewegt und den Parteien des Zentrums, der rechten Mitte und auch den Rechtsaußen-Kräften zugeneigt. Der selbe Trend zeichnet übrigens auch bei den sehr dynamischen (Neo-)Protestanten und einem beträchtlichen Teil der strengreligiösen und konfessionell engagierten Juden ab. Diese konservative bis fundamentalistische Rekonfessionalisierung gilt natürlich auch und im Besonderen für die Muslime, bloß dass sie wegen der oftmaligen verallgemeinernden anti-muslimischen Stoßrichtung der Konservativen und Rechten diesen Parteien (einstweilen?) kaum nähern können.   

 

Danny Leder, 24.9.2023

 

La visite du pape à Marseille axé sur l'obligation d'accueil et de protection des migrants en Méditerrannée - de mon point de vue, "à certains égard la principale manifestation en France contre la montée de l'extrême-droite depuis 2002".

 

Durant cette émission j’ai eu l’occasion d’expliquer en quoi la teneur de la visite du pape à Marseille, c’est-à-dire son discours maintes fois répété en faveur de l’accueil des migrants, marquait,  selon moi, « à certains égards, la principale manifestation en France contre la montée de l’extrême-droite depuis 2002 » (J’affirme cela, sans pour autant m’aligner sur la totalité de son discours en la matière, mais par respect pour cette courageuse tentative du pape de contrer la poussée de l’extrême-droite. Ma prise de parole sur le sujet intervient dans le replay environ à : 00 : 05 : 40)

 

Mais j’ai également constaté que cette visite coïncidait avec un affaiblissement des forces catholiques de gauche et de centre-gauches. Celles-ci s’étaient amplifiées depuis Vatican Deux, avaient joué un rôle décisif lors du soulèvement de Mai 1968 (à travers les prêtres ouvriers et les « Jeunesses ouvrières chrétiennes », notamment dans l’ouest de la France), jeté les bases de la « Deuxième gauche » (qui allait bientôt supplanter le Parti communiste encrouté et soumis au Kremlin), contribué à la refondation du PS et l’arrivée de l’union de la gauche au pouvoir en 1981, et présidé à la fondation de la CFDT,  devenu entre-temps la première confédération syndicale de France.  En plus, cette gauche catholique avait impulsé un tissu d’associations humanistes, qui irriguent toujours la société civile françaises.

 

Néanmoins, ces courants catholiques de gauche et réformateurs sont aujourd’hui constitués en premier lieu par des personnes d’âge mur. Ils se trouvent plutôt en porte à faux vis-à-vis d’une partie importante notamment des nouvelles générations catholiques, plus enclins à un retour à une ritualisation prononcée et un conservatisme confessionnel, et qui tendent sur l’échiquier politique en plus grand nombre qu’avant vers le centre-droit et même l’extrême-droite. Cette re-confessionnalisation conservatrice est aussi valable pour les adeptes des églises néo-protestantes, des courants juifs religieusement plus affirmés qu’avant et, bien entendu, aussi pour une part importante des jeunes générations musulmanes. Mais ces dernieres ne peuvent pas (encore ?) se rapprocher massivement de la droite politique française à cause de son tropisme anti-Islam généralisant.

 

Danny Leder, 24/9/2023