Zum Ergebnis der französischen Parlamentswahlen und seinen Folgen:

Zwischen alten Trug- und neuen Kurz-Schlüssen

 

Die Wiederwahl von Präsident Emmanuel Macron im April hatte Trugschlüsse bezüglich seines Rückhalts in der Bevölkerung ausgelöst. Die nachfolgenden Parlamentswahlen haben jetzt das Schrumpfen der Anhängerschaft des liberalen Staatschefs offenbart. Aber der gleichzeitig verzeichnete, ansehnliche Vormarsch des neuen Linksbündnisses (die linksalternative Partei des Tribuns Jean-Luc Melenchon, SP, Grüne und KP) könnte zu weiteren Kurzschlüssen verleiten. Wird er doch vom Erfolg von Marine Le Pen überschattet. Ihrer Rechtsaußen- Partei, dem „Rassemblement national“ (RN), gelang es, im Alleingang, in 89 Wahlkreisen erstmals die Hürde des in Frankreich geltenden Majoritätssystems zu überwinden und sich als mandatsstärkste Einzelkraft der Opposition in der neu gewählten französischen Nationalversammlung zu präsentieren. Das Regierungslager um Macron, das seine vormalige absolute Mandatsmehrheit eingebüßt hat, bemüht sich vornehmlich um Absprachen mit Abgeordneten der – geschwächten – bürgerlichen „Republikaner“ und den – spärlichen – sozialistischen Mandataren, die sich nicht der Linksunion angeschlossen haben. Dabei neigen die um Macron gescharten Kräfte (die Sammelpartei „Renaissance“ und zwei selbständige kleine Zentrumsparteien) zu einer Gleichsetzung zwischen der Partei des Linkstribuns Jean-Luc Melenchon (LFI – „La France insoumise“) und dem RN von Le Pen. Was dazu geführt hat, dass zwei Vertreter der RN erstmals ins Parlamentspräsidium gelangten – auch mit Hilfe von Stimmen aus dem Regierungslager um Macron. 

3.7.2022