Der Irrlauf des "jüdischen Antisemiten" Eric Zemmour

 

Monatelang drehte sich Frankreichs Politdebatte fast nur um Eric Zemmour. Der Quereinsteiger des Präsidentschafts-Wahlkampfs übertraf bei Umfragen Marine Le Pen, politisch überholte er sie weit rechts. Obwohl er, aus Familien-Tradition, eine Synagoge besucht, nannte ihn Frankreichs Oberrabbiner Haim Korsia einen "Rassisten" und "Antisemiten". Diesbezüglich dürfte er den Bogen überspannt haben, sein Stern könnte gerade jetzt, da er seine Kandidatur für die Präsidenten-Wahlen (im April 2022) offiziell verkündet hat, wieder verglimmen.

Der Umstand, dass Zemmour aus einer jüdischen Familie stammt, die aus Algerien eingewandert ist, und dass er eine, wenn auch diskrete, konfessionelle Tradition pflegt, spielt eine gewisse Rolle, auch wenn diese nur selten offen angesprochen wird. Für die ultranationalistischen und ultrakatholischen Kreise, die ihn vornehmlich unterstützen, ist es ein Vorteil, sich auf einen "Juden" berufen zu können. Zemmour hat sich in unverschämter Weise bemüht, die aus diesen Gefilden stammende, einst breitenwirksame anti-jüdische Ideologie gewissermaßen zu rehabilitieren. Für Zemmmour ist der Chef des französischen Kollaborationsregimes während der deutschen Besatzung, Philippe Pétain, ein "Beschützer der Juden" gewesen, hingegen "zweifelt" er an der Unschuld des jüdischen Artilerie-Hauptmanns Alfred Dreyfus, der auf Grund einer Verschwörung antisemitischer Offiziere des französischen Generalstabs 1894, erwiesenermaßen zu Unrecht, unter dem Vorwurf der  Spionage für Deutschland degradiert und verbannt wurde.

Aber Zemmours monomanischer Kampfdiskurs gegen den Islam und die Muslime im Allgemeinen stößt auf Seiten seiner demokratischen Gegner auf eine gewisse Unbeholfenheit, nachdem Frankreich die schwersten und häufigsten Dschihadisten-Angriffe in Europa erlitten hat, und etliche jüdische Familien aus ihren Wohngegenden in Vorstädten wegen chronischer Anfeindungen und gelegentlicher Übergriffe durch islamistisch geprägte Jugendliche ausziehen mussten.

 

Die einzelnen Textabschnitte:

* "Verweiblichte Eliten"
* Eine "grande culture"
* Idol der ultrakonservativen Katholiken
* Jean-Marie Le Pen: "Eric darf das sagen, weil er Jude ist"
* War Alfred Dreyfus doch ein Verräter?
* Waren jüdische Schulkinder, die von einem Dschihadisten erschossen wurden, "keine Franzosen"?
* "Schützte" der Hitler-Adlatus in Frankreich, Philippe Pétain, die Juden?
* Der rettende Hirtenbrief der französischen Bischöfe
* Beate und Serge Klarsfeld als Feindbilder
* Der wunde Punkt von Zemmours Gegnern
* Statt "Heil Hitler" wird "Allahu Akbar" gerufen
* Die Juden Algeriens - "Eingeborene" und Franzosen
* Tollkühner Widerstandsakt in Algier 1942
* Das Pogrom von Constantine 1934
* Jüdische Berber, arabische Juden, sefardische Franzosen
* "Napoleon ist unser Vater, Ludwig der Vierzehnte unser Großvater"
* Überwiegende, aber ziemlich belanglose familiäre Ursprünge in Nordafrika
* Leiernde Ansprachen und kein Charisma

 

"Hagalil", 29.11.2021