Dieses Kapitel enthält, unter anderem, Texte über den Druck und die Gewalt, die stellen- und phasenweise von Muslimen gegen Juden ausgeübt wird. Diese beiden Gruppen-Bezeichnungen stehen zwar jeweils für ein sehr breit gestreutes Spektrum an politischen, religiösen aber auch antireligiösen Einstellungen sowie für Gemeinschaftsbindungen sehr unterschiedlicher Intensität. Trotzdem muss die Tatsache, dass Frankreich zum Schauplatz der meisten antijüdischen Vorfälle in Europa seit dem Jahr 2000 geworden ist, damit in Zusammenhang gebracht werden, dass Frankreich auch jenes Land Europas ist, in dem die jeweils meisten Juden (geschätzte 450.000) und Muslime (geschätzte über acht Millionen) leben.
Als Folge der islamistischen Hetze gegen Juden wurden seit 2003 in Frankreich dreizehn Personen ermordet. Seien es nun Impulsmorde durch einzeln agierende Täter aus dem Nachbarschaftsbereich der Opfer oder geplante Attacken durch bekennende Anhänger einer dschihadistischen Organisation - bei den Tätern handelte es sich ausnahmslos um junge Muslime, die sich meistens an der Schnittstelle zwischen Kriminalität und Islamismus bewegten.
Die Angehörigen beider Bevölkerungsgruppen haben ihre familiären Ursprünge mehrheitlich in den französischen Ex-Kolonien im Maghreb. Sie lebten noch bis vor kurzem, zu einem beträchtlichen Teil, Tür an Tür innerhalb oder in der Nähe sozialer Brennpunkt-Viertel. Dort hatte seit den 1990er Jahren unter Jugendlichen eine gewaltschwangere Weltanschauung Fuß gefasst, die sich gegen die jüdische Minderheit richtete.
Spätestens seit den Morden, die Mohamed Merah 2012 an drei Kindern und einem Lehrer in einer jüdischen Schule in Toulouse verübte, wurde deutlich, dass die Gelegenheitspeiniger der Juden zu dschihadistischen Attentätern mutieren können. Alltags-Mobbing und Nahbereichs-Übergriffe haben inzwischen tausende jüdische Familien veranlasst, ihre Ursprungswohnungen in diesen Vierteln zu verlassen, um in für sie sicherere Stadtgebiete zu übersiedeln oder aus Frankreich auszuwandern.
Unterdessen dehnten die Dschihadisten ihre Anschlagsziele ins Unendliche aus und eröffneten eine Ära der Massentötungen. Der Islamismus ist damit zu einer der Hauptbedrohungen des Rechtsstaats, des Pluralismus und der Demokratie in Frankreich geworden.
Die „Freiheitliche Partei Österreichs“ und der französische „Rassemblement national" (vormals: "Front national“) unter Marine Le Pen haben im abgelaufenen Jahrzehnt oft in enger Zusammenarbeit, den Sockel der neuen national-populistischen Strömung in Europa gebildet. Diese Strömung hat sich, unter den spezifischen Bedingungen der vergleichsweise gefestigten, anti-faschistischen, anti-nazistischen und anti-rassistischen Nachkriegsdemokratien in den westlichen EU-Staaten entwickelt. Die national-populistische Strömung hat dabei einen neuen politischen Raum zwischen hart-konservativen Parteien und ausgesprochen rechtsradikalen Gruppen geschaffen und besetzt.
In diesem Kapitel finden sich diverse Texte, die sich, teilweise vergleichend, mit der Naziherrschaft in Österreich und dem Kollaborationsregime in Frankreich beschäftigen, den unterschiedlichen Rahmenbedingungen und Dimensionen der Judenverfolgung und der anschließenden Entwicklung der diesbezüglichen,
Texte über den Aufstieg der beiden nationalpopulistischen Tribune, Jörg Haider und Jean-Marie Le Pen, ab den achtziger Jahren und namentlich über den Sanktions-Konflikt im Jahr 2000 zwischen Frankreichs Staatsführung und der schwarzblauen Regierung in Österreich